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Ich laufe wieder



Ich bin in O Porrino. In einer Herberge. Ich liege in meiner Koje und entspanne. Ich bin heute gut 21km gelaufen und habe mein Ziel erreicht. Ich bin die Strecke am Stück und ohne Pause gegangen. Ich hatte Angst davor, den Rucksack abzunehmen und danach nicht wieder in Tritt zu kommen. Die nächsten Tage kann ich es etwas ruhiger angehen lassen. Ich habe noch ca. 100km vor mir und möchte gern am Freitag nächster Woche ankommen. Wenn das klappt, treffe ich Karen, Alex und Sven in Santiago. Das wäre genial. Das bedeutet, ich habe 8 Tage Zeit. Sind im Schnitt also nur zwölfeinhalb Kilometer am Tag. Klingt zwar nicht viel, aber meine Füße werden in der Zeit wahrscheinlich nicht besser und mein Rucksack nicht leichter.

Heute Morgen habe ich meine rechte Ferse getapt und die Sache hielt ganz gut, wie man sehen kann. Meine linke Ferse sieht mittlerweile auch nicht so gut aus und so bekommt sie morgen die gleiche Behandlung. Die Blasenpflaster helfen an der Stelle irgendwie gar nicht und machen die Sache nur schlimmer, da sie sich lösen und dabei ein Stück Haut mitnehmen. Auf meinem Ballen halten sie dafür recht gut.

Der heutige Weg war sehr schön. Zu Beginn ging ich in eine Kirche in der Nähe von meiner Pension. Ich war allein, genoss die Ruhe und spürte in mich hinein. Da stand plötzlich der Pfarrer vor mir und fragte, ob ich einen Stempel möchte. Klar wollte ich. Er bat mich in seine Räume und gab mir den Stempel - mit Datum und Unterschrift. Ich bedankte mich und machte mich dann auf den Weg. Valenca liegt direkt an der Grenze zu Spanien. Auf der anderen Seite des Grenzflusses liegt Tui. In der dortigen Kathedrale habe ich mir meinen zweiten Stempel geholt. Der Weg dort hinauf war ziemlich mühsam. Da merkt man die zwölf Kilogramm Rucksack bei jedem verda#§%'# Schritt. 

Der heutige Weg war der komplette Gegensatz zum flachen und recht eintönigen Küstenweg. Heute wechselten sich kleine Dörfer, blühende Wiesen, schattige Wälder und rauschende Bäche ab. Es war sehr schön und wieder dachte ich, dass Frühling vermutlich die beste Jahreszeit für den Camino ist. Obwohl die Etappe immer noch recht flach war, gab es doch einige Steigungen und die machten mir hier und da doch zu schaffen. Dazu kam, dass ich die Herberge als Ziel in googlemaps eingegeben hatte. Das hatte ich mir bei Karen abgeschaut. Blöderweise war der Camino aber nicht die von googlemaps berechnete kürzeste Route und es ist schon sehr frustrierend, wenn man "nur noch" 9,2km zu gehen hat - dann ca. einen Kilometer läuft und statt Google zu folgen, den gelben Pfeilen folgt... Und dann steht da plötzlich wieder 9km zu gehen. Einmal kann man damit leben - aber zum Ende hin passierte mir das ziemlich oft und ich schaute nicht mehr auf das Handy bis ich vor der Unterkunft stand. 

Apropos Unterkunft. Da bin ich jetzt und schreibe diese Zeilen. Es ist meine erste Nacht in einer Unterkunft und ich bin gespannt, ob ich Schlaf finde. Es ist jetzt ca. 19 Uhr und ich werde vermutlich bald schlafen. Neben oder unter mir (kann ich nicht so genau orten) schläft schon jemand und schnarcht. Jetzt schon. Das kann was werden. Ich hoffe, ich kriege ein Auge zu. Übrigens hat er auch schon einen fahren lassen. Da ich es erst gehört und dann gerochen habe, schläft er vermutlich also doch unter mir :(

 

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