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Alte, weiße Männer


Ich sitze mittlerweile in meiner heutigen Unterkunft in Redondela. Draußen regnet es. Also der ideale Moment, ein paar Zeilen zu schreiben. Beginnen wir mit der letzten Nacht.

All meine Befürchtungen bezüglich es Typs, welcher unter mir in der Herberge in O Porrino geschlafen hat, haben sich erfüllt. In dem 28-Betten-Schlafsaal war offiziell um 22:00 Uhr Bettruhe. In 27 Kojen war dann auch zu dieser Zeit das Licht aus und Ruhe. Leider nicht in der unter mir. Na gut, sein Companion von schräg gegenüber hatte auch noch wichtige Sachen zu dieser Zeit in seiner Koje zu erledigen. Also war in 26 Betten Ruhe. Es waren zwei Männer, weiß, fortgeschrittenes Alter und sie sprachen eine Art von Englisch. Das glaubte ich zumindest zeitweise zu verstehen. Sie gaben diesem Eintrag auch den Namen - ich hoffe, niemand hat den Titel mit dem Foto in Verbindung gebracht?!?

Ich habe keine Ahnung, was man auf zwei Quadratmetern ca. eine Stunde lang hin und her räumen muss, was man nicht auch hätte vorher erledigen können. Aber scheinbar hatte mein "Untermieter" wichtige Sachen zu erledigen. Oder er konnte einfach noch nicht schlafen - und ich somit leider auch nicht. Das Problem war, dass ich seine Schnarch-Skills bereits kannte und unbedingt vor ihm einschlafen wollte. Das wusste er allerdings durch sein LED-Licht zu verhindern, welches bis in meine Koje hoch strahlte. Er erhielt zudem Unterstützung von einer Dame, die ca. alle 20 Sekunden rhythmisch hustete. Sie tat mir - im Gegensatz zu meinem Untermieter - allerdings leid. Man merkte, wie sie versuchte den Hustenreiz zu unterdrücken und sich dieser dann doch irgendwann durchsetzte. Irgendwie wartete man nach spätestens 20 Sekunden auf das nächste *Hust* *Hust*. 

Sie schlief irgendwann ein und das Husten verstummte. Auch mein Kollege von unten hatte alles erledigt und losch das Licht. Zeit zu schlafen. Das Gemeine an Schnarchern ist - abgesehen vom Schnarchen selbst - dass sie gefühlt eingeschlafen sind, bevor der Kopf beim Hinlegen das Kopfkissen erreicht. Das hatte Karen schon in ihrer Nacht im Hostel in Porto festgestellt und ich hatte auch ein solches Exemplar bei mir.

Er gab wirklich alles und in mir stiegen Gefühle und Gedanken auf, auf die ich wirklich nicht stolz bin. Näher werde ich an dieser Stelle nicht darauf eingehen - aus Angst vor strafrechtlichen Konsequenzen. 

Nachdem er vermutlich gut geruht hatte, war er dann auch einer der Ersten, die morgens aufstanden um weiterzugehen. Ich hoffe, ich sehe ihn nie wieder. Aber ich entschied - egal, was heute kommt - ich nehme ein Einzelzimmer, wenn ich in Redondela ankomme.

Ich verließ die Herberge gegen 08:30 Uhr. In der nächsten Bar nahm ich einen Cafe Solo und startete meine Tour. Direkt am Ortsausgang von O Porrino traf ich auf Bogdan. Er ist in Polen geboren, lebt aber schon eine Weile in Hamburg. Er spricht deutsch mit leicht polnischem Akzent und leider kein Englisch - was ihm hier in Portugal und Spanien das Weiterkommen nicht erleichtert.

Wir hatten etwa das gleiche Lauftempo und gingen zusammen. Bogdan pilgert ebenfalls zum ersten Mal. Allerdings hat er sich weitaus besser auf die Sache vorbereitet, als ich. Er gab mir ein paar Tips bezüglich Blasenvermeidung, die bei ihm super funktionieren. Dziekuje - ich werde sie bei der nächsten Tour beherzigen. Bogdan steht einen Monat vor der Rente. Als Abschied hat er von seinen Kollegen einen Wanderstock als Geschenk bekommen. Coole Idee - wie ich finde. Bald hat er viel Zeit und wohl auch das Pilgern für sich entdeckt. Er erzählte mir von seiner Idee, ein Buch darüber zu schreiben. Allerdings möchte er dann ein Buch über seinen Wanderstock schreiben. Er begleitet seinen Stock dann quasi nur. Diese Idee fand ich irgendwie witzig und musste auch gleich ein Bild von seinem Stock schießen. Vielleicht wird er ja noch berühmt. Er erzählte mir auch vom St. Olavsweg. Der klingt sehr interessant.

Dann erzählte mir Bogdan noch, dass er vor zwei Tagen Opa geworden ist. Er zeigte mir stolz ein Foto seiner Tochter und der Enkelin, was er gerade erhalten hatte. :)

Und wir sprachen über dies und das. Und so vergingen die Kilometer und die Stunden Stück für Stück. Heute waren einige heftige Steigungen bei, die uns Beiden recht zu schaffen machten. Glücklicherweise war es nicht so heiß und eigentlich fast ständig bewölkt. Jemand meinte es wohl gut mit uns. Nach knapp 4 Stunden und gut 17km erreichten wie Redondela. Da trennten wir uns und suchten jeweils eine Unterkunft. Wir wünschten uns gegenseitig alles Gute für den weiteren Weg. Bogdan war eine sehr angenehme Begleitung auf dieser Etappe und vielleicht sieht man sich ja die nächsten Tage wieder.

Meine anderen lustigen Drei sind heute in Porte de Lima angekommen. Es läuft bei denen wohl auch alles nach Plan.

Meine heutige Unterkunft ist - verglichen mit gestern - ein Traum. Es gibt eine richtige Waschmaschine und einen Trockner. Ab morgen habe ich also wieder saubere Klamotten. Das war auch nötig, da ich heute bei einem Foto mit Bogdan in einen riesigen Haufen "Glück" getreten bin. Das Zeug klebte so hartnäckig an meinem Stiefel, dass beim Laufen auch meine Hose etwas "Glück" abbekam. Nu isse wieder sauber und meine Stiefel auch :)

Beim Duschen habe ich meine Verbände gelöst, damit etwas Luft an die Wunden kommt. Ich werde gleich nochmal in die Apotheke gehen und neue Verbände holen. Morgen früh wird alles getapt und dann geht's zur nächsten Etappe. So könnte es bis Santiago tatsächlich funktionieren. Hoffentlich hört der Regen bis morgen früh auf.


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Kommentare: 2
  • #1

    Udo Hüllen (Freitag, 11 Mai 2018 19:23)

    Hallo Pilgerbursche, ich hoffe Du hast vor Deiner Wanderschaft einen Vertrag mit einem Verleger abgeschlossen!! Deine Berichte sind druckreif! Schade, daß ihr euch getrennt habt, Bogdan wäre bestimmt ein guter Begleiter für die nächsten Etappen gewesen. Wir wünschen dir einen erholsamen Schlaf (hast du bestimmt nötig) und Elan für die nächsten Ziele!���

  • #2

    Moleculeman (Freitag, 11 Mai 2018 20:39)

    Freut mich, dass dir meine Berichte gefallen. So bleibt ihr immer schön auf dem Laufenden. :) Trotz aller Strapazen macht es unglaublich viel Spaß! :D